Seit Ende letzter Woche gibt es im Tierpark Hellabrunn eine neue Tierart zu sehen: Vier Waschbären bewohnen ab sofort die ehemalige Puma-Anlage. Mit dem Zuzug der Tiere sollen die Besucher zukünftig auch mehr über das Thema invasive Arten und Neozoen erfahren.
Sie heißen Michel, Lars, Ida und Anna – die vier Waschbären, die am vergangenen Donnerstag aus der Münchner Reptilienauffangstation nach Hellabrunn gezogen sind. Wie der Name des Herkunftsortes schon vermuten lässt, waren die Tiere nur vorübergehend in der Münchner Reptilienauffangstation untergebracht. Die vier Waisen wurden im Frühjahr 2017 im Alter von etwa 12 Wochen dort abgegeben. Nun hat sich der Tierpark dazu entschieden, den Waschbären mit der ehemaligen Puma-Anlage ein neues, längerfristiges Zuhause zu geben.
Waschbären eilt trotz ihres „niedlichen“ Aussehens ein nicht ganz so guter Ruf voraus: Die ursprünglich aus Nordamerika stammenden Kleinbären stellen keine besonders großen Anforderungen an ihren Lebensraum und ihre Nahrung, sodass sie sich durch ihre hohe Anpassungsfähigkeit nahezu überall ausbreiten können und so gibt es inzwischen auch in Deutschland eine stabile Waschbären-Population. Das sorgt mancher Orts, vor allem in Städten, für Schwierigkeiten.
Die Kleinbären gibt es in Deutschland schon seit den 1930er Jahren. Damals wurden sie zum einen unter der Annahme, die heimische Fauna zu erweitern, ausgesetzt, zum anderen entkamen einzelne Tiere aus Pelzfarmen. Seitdem hat sich der Waschbär immer weiter ausgebreitet, heute wird der Bestand auf mindestens 500.000 Tiere geschätzt. Damit gehören Waschbären zu den sogenannten Neozoen. Das bedeutet, dass sich die Art in einem Gebiet etabliert hat, in dem sie zuvor nicht heimisch war.
Insgesamt gibt es in Deutschland derzeit etwa 1400 gebietsfremde Arten, davon 350 Pflanzen. Nicht alle Arten gefährden die heimische Flora und Fauna, jedoch gibt es Arten, die ursprüngliche Tiere und Pflanzen durch eine bessere Anpassungsfähigkeit verdrängen können. Dann ist die Rede von einer invasiven Art, zu der auch der Waschbär gezählt wird.
Beatrix Köhler, Biologin und Kurator im Tierpark Hellabrunn, erklärt: „eine invasive Art muss nicht per se eine Gefährdung für die heimischen Arten sein. Man spricht jedoch von invasiven Arten, wenn sich eine Tier- oder Pflanzenart – obwohl in ihrem Herkunftsland eher unauffällig – in ihrer neuen Heimat extrem schnell ausbreitet und dabei negative Auswirkungen auf das heimische Ökosystem hat.“ So erreichen Waschbären beispielsweise Vogelnester, an die ein Fuchs oder Dachs nicht gelangt und können damit das Überleben der entsprechenden Vogelart gefährden. „Des Weiteren sind Waschbären wenig wählerisch, was ihre Nahrung angeht, sodass sie sich oft auch von Abfällen aus Mülltonnen ernähren, wodurch sie an das Leben in der Stadt und den Menschen gewöhnt werden“, so Beatrix Köhler.
Mit dem Zuzug der vier Waschbären möchte der Tierpark seinen Besuchern die Problematik von invasiven Arten näherbringen, dabei aber auch mit Vorurteilen und falschen Annahmen aufräumen. Vermehren werden sich die Waschbären dennoch nicht. „Die männlichen Tiere sind kastriert und können keinen Nachwuchs zeugen“, erläutert Beatrix Köhler.
Neben den Waschbären leben im Tierpark Hellabrunn noch weitere invasive Tierarten, wie beispielweise der Chinesische Muntjak oder die Schwarzkopfruderente. „Auch diese Tierarten sind Teil der Biodiversität“, sagt Tierpark-Direktor Rasem Baban und ergänzt: Aber sie können der einheimischen biologischen Vielfalt auch schaden. Ein ganz wichtiger Aspekt dabei ist jedoch, dass wir Menschen einen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten können, in dem wir über invasive Arten informieren und dadurch deren weitere Ausbreitung verhindert werden kann.“