
Die Klimaerwärmung ist eine der größten globalen Bedrohungen unserer Zeit. Besonders betroffen sind hier die Natur- und Lebensräume in den Alpen. Das Alpine Museum widmet den Auswirkungen der Klimaerwärmung auf den Alpenraum seine erste Sonderausstellung nach der Wiedereröffnung des Hauses. Die Ausstellung ist von 25. Oktober 2024 bis 30. August 2026 auf der Praterinsel zu sehen.
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Die mit viel Fingerspitzengefühl und noch mehr Leidenschaft und Engagement kuratierte Ausstellung visualisiert und visioniert den Klimawandel in den Alpen. Sie führt in die aktuellen Problemfelder ein und regt gleichzeitig eine Diskussion darüber an, inwieweit und in welche Richtung wir die Zukunft mit und in den Alpen gestalten wollen und können. Das Begleitprogramm rund um die Ausstellung ermöglicht darüber hinaus eine interaktive und persönliche Begegnung mit dem Thema.
Laut Experten*innen werden die Temperaturen im Alpenraum bis Ende des Jahrhunderts deutlich stärker steigen als im globalen. Für den bayerischen Alpenraum würde dies in einem Szenario „ohne Klimaschutz“ einen Anstieg von rund 5 Grad im Vergleich zur Referenzperiode 1971-2000 bedeuten. Je nach Region und Jahreszeit kann der Anstieg jedoch auch noch höher ausfallen. „Die damit einhergehenden Veränderungen und ihre Auswirkungen werden immens sein – und zeichnen sich bereits heute deutlich erkennbar ab“, erklärt Dr. Tobias Hipp, Geowissenschaftler im DAV-Ressort Natur- und Umweltschutz. „So nimmt beispielsweise die Häufigkeit und die Ausmaße von Felsstürzen zu.“ Allein zwischen Januar 2023 und Frühjahr 2024 häuften sich die Meldungen. Besonders eindrücklich: der große Felssturz am Fluchthorn im Juni 2023, in dessen Konsequenz der Gipfel nun 19 Meter niedriger ist. Oder massive Regenfälle im September 2024, die für Hochwasser und hochwinterliche Szenarien in den Bergen sorgten. „Die Liste der Auswirkungen durch den rasanten Klimawandel lässt sich auf unzählige Fachgebiete ausweiten“, so Dr. Tobias Hipp. „Beispielsweise um den Gletscherschwund und die daraus resultierende Wasserknappheit, mit der beispielsweise einige Hütten zu kämpfen haben.“ Allein in den Jahren 2022 bis 2023 sind die Gletscher im Mittel um 23,9 Meter pro Jahr kürzer geworden. Menschen sowie der Naturraum mit Flora und Fauna sind massiv betroffen und stehen wie keine andere Region weltweit unter so hohem Nutzungsdruck.
Im Spannungsfeld: Naturschutz und erneuerbare Energie
„Entsprechend liegt ein Augenmerk der Sonderausstellung auf den Ski- und Tourismusgebieten, verbunden mit der Fragestellung: Welche Umorientierungen werden angestoßen“, erzählt Friederike Kaiser, DAV-Geschäftsbereichsleiterin Kultur und Kuratorin der Ausstellung. „Wie wird geplant und umgesetzt?“ Hier will ein Blick in die Vergangenheit aufzeigen, welche – oft auch positiven – Auswirkungen sich durch diese Aufgabenstellung für die Skigebiete und Tourismusregionen bereits ergeben haben. Das wohl größte Spannungsfeld der nächsten Jahre liegt jedoch in unserem Umbau hin zu einer CO2-neutralen Gesellschaft. Die Frage ist, wie wir eine Energiewende ermöglichen können, ohne unsere wertvollen Naturräume aufzugeben. „Im Vorfeld der Sonderausstellung haben wir Menschen befragt, die bereits jetzt von der Klimaerwärmung massiv betroffen sind oder sich intensiv mit ihren Folgen beschäftigen“, erzählt Friederike Kaiser. „Seien es Wissenschaftler*innen, Expert*innen von Naturschutzverbänden oder Mitglieder des Deutschen Alpenvereins (DAV) und der Jugend des Deutschen Alpenvereins (JDAV). Auf ihren Recherchen, Erkenntnissen, Geschichten, Fotografien und Objekten beruht diese Ausstellung.“
Zitate von den Experten*innen im Rahmen der Pressekonferenz zu Eröffnung der Sonderausstellung am Donnerstag, 24. Oktober 2024:
„Seit 1927 ist Naturschutz Vereinszweck des Deutschen Alpenvereins. Auch wenn damals noch niemand an Klimaerwärmung, Gletscherrückgang und CO2 Bilanzierung gedacht hat, das Ziel war klar: Schütze was du liebst.“ (Melanie Grimm, DAV-Vizepräsidentin)
„Die Alpen, wie wir sie heute kennen, werden in Zukunft kaum wiederzuerkennen sein. Wir als JDAV sehen, es braucht nicht nur eine Anpassung an die neuen Bedingungen, sondern auch entschlossene, gesamtgesellschaftliche Maßnahmen.“ (Annika Quantz, Bundesjugendleiterin JDAV)
„Es ist gar nicht so einfach eine Ausstellung über die Zukunft zu machen – denn aus der Zukunft haben wir keine Objekte. Trotzdem: der Klimawandel ist in vollem Gange und wir können in dieser Ausstellung auf vielfältigste Weise zeigen, was noch auf uns zukommen wird.“ (Friederike Kaiser, DAV-Geschäftsbereichsleiterin Kultur)
„Wir sind als Alpenverein Bergsport- und Naturschutzverband. Wir sind die, die den Mittelweg finden können zwischen Tourismus und Naturschutz. Wir können zwischen den Positionen vermitteln und die gemeinsame Basis schaffen. So wie im Tourismus müssen wir auch im Bereich der erneuerbaren Energien diskutieren und Kompromisse finden. Auch da gibt es für uns rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen – wie die Flutung des Platzertals – aber sie sind nicht so einfach und klar wie bei den touristischen Erschließungen.“ (Dr. Tobias Hipp, Geowissenschaftler, DAV-Ressort Natur- und Umweltschutz)
„In einem Szenario „ohne Klimaschutz“ ist eine Erwärmung von bis zu 5,1 Grad bis Ende des Jahrhunderts im Bayerischen Alpenraum gegenüber dem Referenzzeitraum 1971-2000 zu erwarten. Wenn wir das Pariser Klimaabkommen einhalten, können wir diese Erwärmung auf 1,6 Grad begrenzen.“ (Christopher Zier, Meteorologe und Geograph, Bayerisches Landesamt f. Umwelt