Das U-Bahn-Zwischengeschoss am Hauptbahnhof kann sich wieder sehen lassen. Und wie! Die runderneuerte Verteilerebene unter dem Bahnhofplatz präsentiert sich nach rund drei Jahren Umbau unter laufendem Betrieb in neuem Glanz: hell, geräumig und übersichtlich. Alles ist neu: von den Böden, Wänden und Decken über die architektonische Gesamtgestaltung mit neuem Licht- und Raumkonzept bis hin zum Leitsystem und den Sicherheitseinrichtungen. Der Entwurf dafür stammt von dem Münchner Büro Auer Weber Architekten. Für die Lichtgestaltung zeichnen die Firmen Bartenbach und Vogt & Partner verantwortlich. Ein neues MVG-Kundencenter steht für Service aus erster Hand (siehe separate Meldung von heute); 18 attraktive Läden, Service- und Gastronomiebetriebe werben um Kunden. SWM/MVG haben gut 20 Millionen Euro in den Umbau investiert.
Ein Unterschied wie Tag und Nacht: die neue Optik (links) im Vergleich zur alten (rechts)
Anlass für die Modernisierung war der Sanierungsbedarf in dem über 30 Jahre alten und intensiv genutzten Bauwerk. Der Hauptbahnhof zählt mit fünf Linien zu den am stärksten frequentierten U-Bahnstationen in München mit mehr als 200.000 Fahrgästen pro Tag.
Aufgeräumt und transparent
Die insgesamt rund 6.000 qm große Verteilerebene mit ihren Auf- und Abgängen zur U-Bahn und Tram war geprägt durch diverse An- und Einbauten – verschachtelt und unübersichtlich, auch durch die Platzierung von Verkaufsräumen im Mittelbereich. Sie wirkte zuletzt konzeptlos, abgenutzt und eher dunkel. Durch den Umbau hat das Zwischengeschoss nun wieder ein zeitgemäßes und transparen-tes Erscheinungsbild, das seiner herausragenden Funktion als Münchner Visitenkarte und Eintrittstor zum Münchner ÖPNV sowie auch als Übergang zur Innenstadt wieder gerecht wird.
- Wesentliches Merkmal der Neugestaltung ist die freie Mittelzone. Störende An- und Einbauten wurden entfernt oder umgestaltet. So haben die beiden U-Bahnabgänge nun eine raumhohe gläserne Einfassung, die frei von Anbauten ist. Das verbessert die Auffindbarkeit, schafft neue Sichtachsen quer durch das gesamte Gebäude und sorgt damit für ein Höchstmaß an Transparenz und Sicherheit. Dunkle Ecken gehören der Vergangenheit an.
- Die verschiedenen Funktionsbereiche befinden sich an den Seiten:
- Auf der Westseite liegen Verkaufsräume und Servicestellen wie das neue MVG-Kundencenter. Die der Innenstadt zugewandte Ostseite des Geschosses ist dagegen überwiegend frei von Vermarktungsflächen. Hier befinden sich Fahrkartenautomaten, Infovitrinen, Geldautomaten usw. – integriert in eine „Lichtwand“.
- Bei der „Lichtwand“ handelt es sich um eine gestalterische Einzigartigkeit, die dem Zwischengeschoss einen unverwechselbaren Charakter verleiht. Sie ändert im Tagesverlauf ihren Farbton und interagiert auch mit den Fahrgästen: So wechselt der Farbton bei Aktivität an den Fahr-kartenautomaten zur Komplementärfarbe.
Die klare Trennung und Struktur der verschiedenen Funktionsbereiche erleichtert die Orientierung innerhalb der Verteilerebene und unterstützt den aufgeräumten Gesamteindruck des neuen Zwischengeschosses.
Erstmals LED auf ganzer Linie
Auch sonst liegt ein besonderes Augenmerk auf der Farb- und Lichtgestaltung.
- Erstmals wurde ein U-Bahn-Zwischengeschoss komplett mit LED-Leuchten ausgestattet. Die ca. 4.900 einzelnen Spots sind in der bewusst zurückhaltend gestalteten Rasterdecke integriert und sorgen für eine angenehme Grundbeleuchtung bei deutlich weniger Energiebedarf im Vergleich zu den früher ein-gesetzten Leuchtstoffröhren. Zusätzlich beleuchtet werden sämtliche Schilder des modernen Leit- und Informationssystems. Dies gewährleistet eine optimale Lesbarkeit, schon von Ferne.
- An den Auf- und Abgängen sind die Rolltreppen mit Lichtstreifen versehen; zusätzliche LED-Spots in den Handläufen der Treppen und auf der Innenseite der Brüstungen erleichtern die Orientierung, steigern die Aufenthaltsqualität und verbessern die Sicherheit. Gleiches gilt für die Stirnseiten der Zugangsbereiche, die mit LED-hinterleuchteten Glaspaneelen verkleidet sind.
- Besondere Lichtspots, so genannte künstliche Sonnen (mit jeweils 16 LED-Leuchten), mildern an den Zugängen zum Zwischengeschoss den Kontrast zwischen Tageslicht und unterirdischem Gebäude.
Helle und einladende Optik bis ins Detail
Neben der Lichtwand und dem großflächigen Einsatz von LED-Licht trägt auch die übrige Wand- und Fassadengestaltung zu einer freundlichen und einladenden Optik bei.
- Sämtliche Ladenfassaden sind aus Glas. Die Glasoberfläche wird in Form von glänzenden, weißen Glasmosaikfliesen an den Treppenwänden bis an die Oberfläche geführt und dort von der matten Sichtbetonbrüstung auf Straßenniveau eingerahmt.
- Die Abgänge zur U-Bahn sind mit silberfarbig emaillierten Blechpaneelen verkleidet und verleihen auch diesen Bereichen eine elegante und großzügige Anmutung.
- Die großformatigen Bodenplatten aus hellgrauem Naturstein und die bestehenden und aus statischen Gründen unverzichtbaren Stützen in heller Sichtbetonoptik passen sich ebenfalls gut in das neue Erscheinungsbild ein.
Noch mehr Service und Sicherheit.
Fahrgastinformation wird im neuen Zwischengeschoss groß geschrieben.
- Das moderne Leit- und Informationssystem entspricht dem neuen MVG-Standard. Es umfasst 55 hell beleuchtete Schilder, ermöglicht eine leichtere Orientierung als die alte Beschilderung sowie eine bessere Erfassbarkeit und Lesbarkeit der Informationen – gerade auch für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen. Sämtliche Zugänge sind mit Buchstaben gekennzeichnet, die sich sowohl im Leit- und Informationssystem als auch im Umgebungsplan wiederfinden und so den Fahrgast durchgängig und eindeutig in Richtung „seines” Ausgangs leiten.
- Besonders nützlich für Fahrgäste sind auch die Info-Monitore an den Stirnseiten der Zugänge sowie im Zwischengeschoss selber. Sie zeigen die nächsten Abfahrtszeiten von U-Bahn, Bus und Tram in Echtzeit an. So sieht jeder auf einen Blick, ob die Zeit bis zur Abfahrt „seines“ Zuges oder Busses schon knapp wird oder noch für einen Kaffee reicht.
- An der Oberfläche werden an den Zugängen neu entwickelte, besonders schlanke und damit stadtbildverträgliche Info-Stelen von ca. 5 m Höhe zum Einsatz kommen, die LED-hinterleuchtet sind und als Fernhinweis auf den Bahnhof dienen. Sie enthalten unter anderem den auch von weitem lesbaren Namen der Station, die dort verkehrenden U-Bahn-Linien, die S-Bahn, Hinweise auf Aufzüge und Einrichtungen im Bahnhof (Kundencenter usw.) und einen Umgebungsplan. Die erste Info-Stele (Prototyp) steht am Zugang Schützenstraße.
- Auch das Lautsprecher-System wurde erneuert.
- Für noch mehr Sicherheit sorgen unter anderem drei neue MVG-Notfallsäulen im Zwischengeschoss und eine Sprinkleranlage auf der gesamten Fläche.
Taktiler Leitstreifen, Blindenschrift – und ein neuer Lift
Für Sehbehinderte wurde in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund ein taktiles und optisch kontrastreiches Leitsystem entwickelt und umgesetzt.
- Rillen- und Noppenplatten im Bodenbelag weisen den Weg durch das Zwischengeschoss zur U-Bahn und ins MVG-Kundencenter.
- An den Handläufen der Auf- und Abgänge informiert Blindenschrift (Brailleschrift und erhabene Buchstaben), welche Linien von dort jeweils zu erreichen sind.
Der Tramaufgang im Südosten wurde zu einer zweiläufigen Treppe umgebaut, um
auf dem Tram-Bahnsteig an der Oberfläche mehr Raum für ein- und aussteigende Fahrgäste zu schaffen und gleichzeitig eine barrierefreie Erschließung mit einem zusätzlichen verglasten Aufzug zu ermöglichen.
Branchenmix aus Dienstleistung, Gastronomie und Einzelhandel
Wie schon an der Münchner Freiheit und aktuell am Marienplatz wurde auch am Hauptbahnhof die Chance ergriffen, die vorhandenen Verkaufsflächen im Rahmen der Modernisierung zu erweitern und dabei auch bisher ungenutzte Nebenflächen effizienter zu nutzen. Die auf der Westseite konzentrierten Handels-, Gastronomie-und Dienstleistungsflächen umfassen nun 18 Einheiten auf rund 950 qm; dies ist mehr als doppelt so groß wie früher (ca. 400 qm). Einheitliche Gestaltungsvorga-ben sorgen dafür, dass sich die Läden gut in die neue Gesamtoptik einfügen und die hohe Aufenthaltsqualität unterstützen. Die Pachteinnahmen leisten Deckungs-beiträge für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, etwa für Modernisierungsmaßnahmen wie jetzt am Hauptbahnhof.
Anlass für die Modernisierung waren Schäden an der Bausubstanz, die eine grundlegende Sanierung des 1980 eröffneten Bauwerks erforderten. Saniert werden mussten insbesondere die Gebäudefugen, und zwar auf ca. 440 Metern Länge. Dazu musste das U-Bahnbauwerk von außen einmal rings um bis in eine Tiefe von ca. 4,5 Meter freigelegt werden. Dort war chloridhaltiges Regenwasser eingedrungen, das neben der Fuge zwischen Wand und Decke auch an der Gebäudehülle aus Stahlbeton „nagte“ und Korrosion verursachte. Teilweise gelangte das aggressive Wasser bis in die Untergeschosse. Erneuerungsbedürftig war aber auch der Innenbereich des Gebäudes samt Haus- und Versorgungstechnik. Saniert wurde ferner die Tiefgarage im zweiten Untergeschoss. Der Aufgang Schützenstraße, über den bis zuletzt die Baulogistik lief, bleibt noch bis Sommer dieses Jahres gesperrt, um ebenfalls neu gestaltet zu werden. Danach wird auch dieser wieder für die Nutzer zugänglich sein.
Herbert König, Vorsitzender der MVG-Geschäftsführung und SWM Geschäftsführer Verkehr: „Das modernisierte Zwischengeschoss ist ein echtes Aushängeschild für die MVG und für München. Zusammen mit Auer Weber Architekten haben wir die Chance genutzt, dem Gebäude wieder ein modernes Erscheinungsbild mit klarer, übersichtlicher Struktur zu geben. Das neue Licht- und Farbkonzept spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle wie die schlüssige und gut sichtbare Wegweisung. Gestalterisches Highlight ist – neben unserem neuen Kundencenter – die „Lichtwand“ auf der Ostseite des Zwischengeschosses. Sie gibt der ansonsten bewusst schlicht und klar gestalteten Verteilerebene einen unverwechselbaren Charakter. Damit ist der Hauptbahnhof ein weiteres Beispiel dafür, was die Modernisierung unserer Bestandsinfrastruktur leisten kann: Die Neugestaltung zeigt deutlich, welch große Wirkung das Erscheinungsbild auf die Aufenthaltsqualität und damit letztlich auch die Attraktivität des ÖPNV hat. Nicht von ungefähr gab es für unseren Ansatz, die Sanierung von U-Bahnhöfen mit einer optischen Erneuerung zu verbinden, auch schon einen Preis, nämlich den European Rail Congress Award. Hoch erfreulich ist nicht zuletzt, dass wir hier am Hauptbahnhof sowohl den Zeit- als auch den Kostenplan eingehalten haben. Das ist bei den heutigen Großprojekten nicht selbstverständlich.“
Daten und Fakten im Überblick
Eröffnung des U-Bahnhofs 18.10.1980
Gesamtfläche Zwischengeschoss ca. 6.000 qm
Natursteinplatten (Boden) ca. 4.700
Glasfassaden (Läden) ca. 900 qm
Lichtwand-Fassade ca. 450 qm
LED-Spots (Decke) ca. 4.900
Heizungs-/Kälte-/Sanitärleitungen ca. 6.500 m
Verkaufsfläche ca. 950 qm
MVG-Kundencenter ca. 300 qm
MVG-Notfallsäulen 3
Ticket/-Zeitkarten-Automaten 12
Info-Monitore (Live-Abfahrtszeiten) 14
MVG-Infovitrinen 18
Quelle: Bilder Auer+Weber