Die Gorillagruppe im Münchner Tierpark Hellabrunn hat ihr Familienoberhaupt verloren: Roututu, der beeindruckende Silberrücken des Clans ist am Samstag, 15. November, ohne vorhergehende Anzeichen einer Erkrankung gestorben. Kurz nachdem er sein Futter bei der abendlichen Fütterung mit gutem Appetit verzehrt hatte, war Roututu urplötzlich zusammengebrochen und konnte trotz unverzüglich eingeleiteter tierärztlicher Maßnahmen nicht mehr reanimiert werden.
„Die Pfleger haben mich sofort gerufen, vier Minuten später war ich vor Ort und habe alles versucht“, berichtet Dr. Christine Gohl, Leitende Tierärztin des Tierparks, noch immer bestürzt von dem Ereignis, „ aber es war nichts zu machen.“ Und tatsächlich, die direkt am Sonntag im Institut für Tierpathologie der Ludwig-Maximilians-Universität München durchgeführte Obduktion offenbarte als Todesursache eine perakute Herzbeuteltamponade, das heißt, es waren in kürzester Zeit gut zwei Liter Blut in die feste Hülle geflossen, die den Herzmuskel wie ein Beutel umschließt. Dadurch konnte das Herz nicht mehr pumpen, und das Tier verlor beinahe augenblicklich das Bewusstsein und starb nach wenigen Minuten.
Als Ursache für das massive Einströmen von Blut in den Herzbeutel kommt ein möglicher Tumor an der Herzbasis in Betracht, eventuell in Verbindung mit Gefäßschäden. Mit letzter Sicherheit lässt sich dies aber erst sagen, wenn die Ergebnisse der histologischen Untersuchung vorliegen, wenn also die bei der Obduktion entnommenen Gewebeteile im Labor genau untersucht worden sind. Fälle von perakuter Herzbeuteltamponade kommen auch beim Menschen vor, und auch hier kommt i.d.R. jede Hilfe zu spät.
„Roututus Tod ist nicht nur ein herber Verlust für die so wichtige Erhaltungszucht dieser bedrohten Tierart“, sagt Zoodirektor Rasem Baban, „er trifft uns auch persönlich und macht uns sehr traurig, denn dieses Tier war eine echte, Achtung gebietende Persönlichkeit.“ Damit spricht Baban ohne Frage vielen Menschen aus der Seele, denn gut 40 Jahre lang hat der Gorilla Roututu die Besucher des Tierparks mit seinem freundlichen Wesen, seiner ausgeglichenen Art und seiner ausdrucksstarken Mimik beeindruckt. Wie alle Gorillas in Hellabrunn gehörte er zur Unterart der Westlichen Flachlandgorillas und war der letzte Wildfang in der Gruppe.
Im Alter von rund einem Jahr war er 1974 aus Kamerun nach Hellabrunn gekommen, hat hier sein ganzes Leben verbracht und mit vier Weibchen insgesamt 16 Kinder gezeugt, von denen heute noch zwölf leben. Roututu war bereits vielfacher Großvater und Urgroßvater; seine Nachkommen leben in Zoos in Deutschland, England, Frankreich, Österreich, Spanien und Ungarn und tragen ihrerseits weiter zum Erhalt des Westlichen Flachlandgorillas bei, der wie alle Gorillaarten auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere steht.
„Im Urwaldhaus, links in der Ecke auf seinem Lieblingsplatz sitzend, nah an der Scheibe und Auge in Auge mit dem Besucher – so kannten wir ihn in den letzten Jahren, so werden wir ihn in Erinnerung behalten“, sagt Christine Strobl, Bürgermeisterin und Vorsitzende im Aufsichtsrat der Münchener Tierpark Hellabrunn AG.
„Bei aller Trauer um Roututu danke ich aber gleichzeitig auch dem Institut für Tierpathologie der LMU für die Bereitschaft zur Kooperation, die es möglich gemacht hat, dass wir unverzüglich erste Hinweise über die Ursachen dieses plötzlichen und bestürzenden Todesfalls bekommen konnten. Nun muss man erst einmal abwarten, was die näheren Untersuchungen ergeben; der Tierpark wird sofort informieren, sobald die abschließenden Ergebnisse vorliegen.“