Solidarität, aber auch Hass schlägt seit Jahren vielen Einsatzkräften in München entgegen. Die Zahl der durch Straftäter verletzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte hat im zurückliegenden Jahr in München einen neuen Höchststand erreicht.
Darauf hat Münchens Polizeipräsident Thomas Hampel anlässlich der Veröffentlichung der Statistik „Gewalt gegen Polizeibeamte“ für das Jahr 2021 am Freitag (01.07.2021) hingewiesen. „Die Einsatzkräfte von Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei sind ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft, denn sie sind jederzeit für alle Bürgerinnen und Bürger da“, erklärte der Polizeipräsident und kritisierte zugleich: „Es ist deshalb absolut inakzeptabel, wenn Einsatzkräfte den Menschen bei Notfällen zur Seite stehen und dann bei der Ausübung ihrer Tätigkeit mit Respektlosigkeiten oder sogar gewalttätigen Angriffen konfrontiert werden.“
Im vergangenen Jahr 2021 wurden im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München insgesamt 1.434 und damit annähernd so viele Fälle wie im Vorjahr 2020 (1.476) verzeichnet. Beinahe jede Fünfte aller Taten in Bayern wurde damit in der Stadt oder im Landkreis München begangen. „Erst die Uniform macht den Menschen für manche zum Hassobjekt“, so der Polizeipräsident. Schon in der Ausbildung und in regelmäßigen Einsatztrainings werden deshalb Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte auf solche Ausnahmesituationen professionell vorbereitet. Doch „kein Training ist vergleichbar mit der Realität“, sagte Hampel. Besonders vermeintliche Routineeinsätze bergen Gefahren, da den Einsatzkräften häufig zuvor oft unklare oder sehr dynamische Situationen begegnen.
München (Laim) – Notruf in der Einsatzzentrale. „Ich habe meinen Freund umgebracht“ äußert der Anrufer und legt anschließend schnell auf. Der Anschlussinhaber ist schnell ermittelt. Die Folge ein Einsatz in einem ruhigen Wohngebiet unweit der zuständigen Polizeiinspektion 41. Den eingesetzten Polizeibeamten wird über die Gegensprechanlage des Wohnanwesens geöffnet. Sie betreten das Gebäude und nähern sich der betreffenden Wohnung. Die Wohnungstüre ist bereits geöffnet – im Inneren kein Licht – Stille – „POLIZEI“. Plötzlich Bewegung in der Wohnung. Der Lauf einer Langwaffe zielt auf die Einsatzkräfte. Die Polizeibeamten sichern die Wohnung und ziehen sich zunächst zurück. Sie fordern den Bewohner auf die Waffe niederzulegen und aufzugeben. Dieser lässt sich schließlich widerstandslos festnehmen. Die Ermittlungen ergaben: Das Gewehr war eine realistische Nachbildung einer echten Schusswaffe.
Im vergangen Jahr wurden in der Stadt und im Landkreis München zusammen 3.244 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte während ihres täglichen Dienstes oder bei Einsätzen u.a. auch beleidigt, angespuckt, geschlagen oder getreten. Hampel betonte: „Die Folgen für die Betroffenen sind sehr unterschiedlich. Sie reichen von verletztem Ehrgefühl bis hin zu psychosomatischen Folgen und körperlichen Verletzungen.“ Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 531 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Zuständigkeitsbereich der Münchner Polizei überdies körperlich verletzt. Die Zahl der verletzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten hat damit einen Höchststand der zurückliegenden zehn Jahre erreicht. „Die Nachsorge bei solchen Übergriffen ist daher eine unerlässliche Hilfe für die betroffenen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Wichtig sind konkrete Hilfsangebote für unsere Kolleginnen und Kollegen vor allem bei belastenden Einsätzen oder scherwiegenden Verletzungen“, so der Polizeipräsident.
„Die Aggressivität gegen Einsatzkräfte ist in den vergangenen Jahren gestiegen und Hemmschwellen gesunken“, sagte Hampel, „die Polizei ist zudem oft ein Prellbock der Gesellschaft“. In zusammen rund der Hälfte aller beim Polizeipräsidium München registrierten Fälle wurden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Dienst tätlich angegriffen (28,1 %) oder Widerstand gegen eine notwendige Diensthandlung (23,4 %) geleistet. In mehr als jedem dritten Fall (38,0 %) wurden die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten verhöhnt oder beleidigt.
Insgesamt 1.245 Tatverdächtige wurden im vergangenen Jahr ermittelt. In 90,2 % der Fälle waren die Tatverdächtigen erwachsen (ab dem vollendeten 18. Lebensjahr) und zu 88,0 % männlich. Bei 53,4 % wurde außerdem der Einfluss von Alkohol und teils zudem auch Betäubungsmitteln festgestellt. Beinahe zwei Drittel (63,2 %) aller ermittelten Tatverdächtigen hatten die deutsche Staatsangehörigkeit.
„Solche Angriffe müssen Konsequenzen haben“, findet Hampel. Auf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration sowie des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz wurde deshalb bereits am 4. März 2020 ein bayernweiter Aktionsplan „Aktionsplan Gewalt gegen Einsatzkräfte“ veröffentlicht. Der Polizeipräsident informierte hierzu: „Der Aktionsplan sieht eine noch engere Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaften bei Gewaltdelikten gegen Einsatzkräfte oder andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst vor. Besonders schwerwiegende oder öffentlichkeitswirksame Taten sollen demnach priorisiert bearbeitet und konsequent bestraft werden.“