Oberbürgermeister Dieter Reiter hat sich per Brief an die Träger von Kindertageseinrichtungen in München gewandt und diese eindringlich gebeten, an der neuen Münchner Kitaförderung teilzunehmen, um teils drastische Gebührenerhöhungen zu vermeiden.
OB Reiter: „Mich haben viele besorgte Schreiben von Eltern erreicht, deren Träger Entgelterhöhungen von teilweise mehr als 1.000 Euro pro Monat ankündigen. Zum Teil bekommen die Eltern lediglich zwei Wochen Zeit, um neue Verträge zu unterschreiben oder sie laufen Gefahr, den dringend benötigten Betreuungsplatz zu verlieren“, heißt es in dem Schreiben. Der Oberbürgermeister weiter: „Eine hohe Qualität der Kindertagesbetreuung und bezahlbare Elternentgelte sind mir ein Herzensanliegen. Gebührensteigerungen von mehr als 1.000 Euro, wie sie jetzt in Rede stehen, sind für mich nicht nachvollziehbar. Die mir vorliegenden Zahlen legen nahe, dass die drastischen Gebührenerhöhungen nicht an der notgedrungenen Abschaffung der Münchner Förderformel liegen können, jedenfalls dann nicht, wenn die Träger an der neuen Kitaförderung teilnehmen. Ich bitte die Träger daher darum, die Eltern nicht im Stich zu lassen und auch an der neuen Münchner Kitaförderung teilzunehmen.“ Oberbürgermeister Reiter bittet die Träger darum, bei der Anhebung der Entgelte maß- und rücksichtsvoll vorzugehen und den Eltern einen möglichst langen Zeitraum einzuräumen, neue Verträge zu unterschreiben oder Alternativen zu prüfen.
Zudem legte der Oberbürgermeister den Trägern nahe, den Systemwechsel nicht auf dem Rücken der Eltern auszutragen. Denn durch die Zahlen, die dem Referat für Bildung und Sport aus den derzeitigen kommunalen Fördermitteln der Münchner Förderformel (MFF) vorliegen, lassen sich vierstellige Entgeltsteigerungen nicht mit der Abschaffung der MFF erklären. Das zeigen Mittelwerte der derzeitigen kommunalen Fördermittel, die bislang an die Träger fließen: Im Mittel bezahlt die Landeshauptstadt München an die Träger 694 Euro für einen Krippenplatz, 261 Euro für einen Kindergartenplatz und 239 Euro für einen Platz im Hort. Hinzu kommen Mittel aus der staatlichen BayKiBiG-Förderung.
Zur Erläuterung:
In der neuen Münchner Kitaförderung müssen Träger einer Einrichtung darlegen, welche Ausgaben (Personalkosten, Verwaltungskosten, Miete, Sachkosten) sie haben, um Kinder zu betreuen. Dem gegenüber werden die Einnahmen gestellt, also gesetzliche Förderungen nach dem BayKiBiG, Elternbeitragszuschüsse durch den Freistaat, Elternbeiträge und sonstige Einnahmen. Die Landeshauptstadt füllt dann im anerkennungsfähigen Rahmen die finanzielle Lücke, sodass die teilnehmenden Träger ein entstehendes Defizit ausgeglichen bekommen. Schließen sich die Träger der neuen Münchner Kitaförderung an, können die Entgelte für Eltern weiterhin niedrig bleiben.
Die Entscheidung, die Münchner Förderformel (MFF) zu beenden, hat nicht die Landeshauptstadt München getroffen: Aufgrund einer Klage eines privat-gewerblichen Kita-Trägers gegen die Förderpraxis in München urteilte das Bayerische Verwaltungsgericht München, dass die Klage zwar abgewiesen wird, die MFF jedoch in die durch das Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit des Kita-Trägers und den Gleichheitsgrundsatz eingreife. Mangels einer gesetzlichen Grundlage und aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 22.09.2021 sowie eines jüngst ergangenen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts war die MFF daher nicht fortführbar.
Aus diesem Grund hatte sich Oberbürgermeister Reiter bereits in den vergangenen Tagen an Ministerpräsident Dr. Markus Söder gewandt und darauf gedrängt, die gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen, um für alle Familien vergleichbare Bedingungen zu schaffen.
Seit Einführung der Münchner Förderformel im Jahr 2011 bezuschusst die Landeshauptstadt München den laufenden Betrieb von Kindertageseinrichtungen im erheblichen Maße über ihre gesetzliche Verpflichtung hinaus. Derzeit werden jährlich 170 Millionen Euro aufgewendet, um eine höhere Qualität in den Einrichtungen sowie Bildungsgerechtigkeit und niedrige Elternentgelte zu fördern. Auch in der neuen Förderung wird die Stadt voraussichtlich Finanzmittel im ähnlichen Umfang jährlich einsetzen. Derzeit profitieren alle Familien in städtischen Einrichtungen, Eltern-Kind-Initiativen und in Einrichtungen der Münchner Förderformel von niedrigen Gebühren – das entspricht rund 83 Prozent aller Münchner Plätze.