Vor drei Jahren hat das Alpine Museum des Deutschen Alpenvereins (DAV) seine Türen geschlossen, um mit einem grundlegenden Umbau fit für die Zukunft zu werden: moderner, offener, barrierefreier.
Am 10. März 2024 macht das Alpine Museum wieder seine Türen auf. Dann können sich alle Berg- und Bergsport-Begeisterten auf größere Ausstellungs- und Veranstaltungsflächen, ein gemeinsames Eingangsfoyer mit gastronomischem Bereich, die zentral platzierte Bibliothek sowie die neue Dauerausstellung freuen. Möglich geworden ist der Umbau dank der Unterstützung durch den Bund, das Land Bayern, die Stadt München, die Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern sowie dem Münchner Kulturbaufonds.
Wie alles begann: ein Architektur-Wettbewerb
„Die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre und die Weiterentwicklung des Deutschen Alpenvereins haben auch die Kulturarbeit vor neue Aufgaben und Herausforderungen gestellt“, sagt Roland Stierle, Präsident des Deutschen Alpenvereins. „Wir verstehen das Museum mit Archiv und Bibliothek als unser kulturelles Zentrum. Es soll den Mitgliedern und Nichtmitglieder für einen gesamtgesellschaftlichen Austausch zu allen alpinen Themen dienen. Gleichzeitig ist es in seiner Offenheit, Modernität und Vielfältigkeit ein sehr wichtiges Aushängeschild für den DAV.“ In vielen Bereichen war das Alpine Museum trotz aller Vorzüge nicht mehr zeitgemäß. Beispiele waren die räumliche Trennung von Museum und Bibliothek, die geringe Sonderausstellungsfläche oder die fehlende Barrierefreiheit.
2016 lobte der DAV daher einen Architektur-Ideenwettbewerb aus, den das Architekturbüro „Feil Architekten“ aus Regensburg gewann. „Das Konzept sollte größere Ausstellungs- und Veranstaltungsflächen bieten. Zudem ein gemeinsames Eingangsfoyer für alle Funktionseinheiten des Hauses wie gastronomischer Bereich, Museumsshop und Verbindung zur Bibliothek sowie den Veranstaltungsräumen auf den verschiedenen Geschossebenen“, erzählt Melanie Grimm, DAV-Vizepräsidentin und zuständig für die Bereiche Kultur und Kommunikation. „Gleichzeitig wünschten wir uns eine Erweiterung der Bibliothek und des Lesesaals sowie eine bessere Sichtbarkeit und Präsenz im Stadtbild.“ Bei allem galt es, die Geschichte des Gebäudes zu berücksichtigen.
Ein Exkurs: Zeitreise durch über 100 Jahre Alpines Museum
In seiner bewegten Geschichte hat das Museum bereits mehrere Umbauten zu verschiedenen Zeiten mitgemacht. „1887/88 ursprünglich als Restaurant-Café „Isarlust“ von Friedrich Loewel als Ausflugsort für die Münchner Bürger*innen errichtet, stellte die Stadt München das neubarocke Bauwerk 1908 dem Alpenverein zur Verfügung“, berichtet Melanie Grimm. „1911 konnte das Museum eröffnet werden, in den 1920er Jahren kamen bauliche Erweiterungen hinzu.“
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann 1948 der Wiederaufbau. Die Gebäudestruktur wurde dabei weitgehend übernommen, das äußere Erscheinungsbild jedoch dem Zeitgeist entsprechend in reduzierter, klassizisierender Formensprache verändert. Heute präsentiert sich das Alpine Museum in der letzten prägenden Gestaltung der 50er Jahre. Allerdings wurde die ursprünglich klare und eindeutige Grundrissorganisation nach dem Wiederaufbau durch die Verlegung des Treppenhauses, Flächenerweiterung im Bestand, Errichtung eines Zwischengeschosses sowie weiterer Unterteilung der Innenräume schrittweise verändert.
Das neue Alpine Museum: Bergkultur für die Zukunft
„Bei der Bearbeitung des Wettbewerbs und der Beschäftigung mit der Geschichte fiel uns sehr früh auf, dass das Gebäude durch viele Wiederaufbau- und Umbauphasen seinen ursprünglich sehr klaren Grundriss verloren hat“, erklärt Michael Feil vom ideengebenden und ausführenden Architekturbüro Feil aus Regensburg. Die Planung der Architekten sah daher vor, das Alpine Museum in Anlehnung an die frühere Ordnung so umzubauen, dass die ursprüngliche Großzügigkeit der Räumlichkeiten zurückkehrt. So wurden die Räume komplett entkernt und nachträgliche Einbauten entfernt. Dadurch entstanden im Erd- und Obergeschoss wieder großzügigere Räume für die neu konzipierte Dauerausstellung und die Sonderausstellungen sowie für die Bibliothek. „Durch einen neuen, zentralen auf die Stadt hin ausgerichteten Eingang, ist das Museum nun gut sichtbar für die Öffentlichkeit. Und über einen neuen Aufzug über alle Stockwerke hinweg barrierefrei zugänglich“, erzählt Michael Feil. Ein durchgehender Raum, der als Foyer, Café und Veranstaltungsraum genutzt wird, verbindet die öffentlichen Bereiche. Der Museumsgarten wird, angelehnt an die ursprünglichen Terrassenanlagen von 1887, aktuell umgestaltet und ermöglicht künftig einen fließenden Übergang vom Stadt- in den Naturraum.
Nachhaltigkeit: ein zentrales Anliegen auch im neuen Museum
„Der DAV will bis 2030 klimaneutral werden, das Thema Nachhaltigkeit war uns also ein besonderes Anliegen“, betont Roland Stierle. „Der Umbau kommt diesem Ziel gleich mehrfach nach.“ So wurde das Raumkonzept und die
-struktur flexibel gehalten. Sie ermöglicht unterschiedlichste Nutzungsoptionen ohne große bauliche Eingriffe. Der ehemalige Festsaal kann schon jetzt als Veranstaltungsort oder Ausstellungsraum genutzt werden ebenso wie die beiden angrenzenden Ausstellungsräume. Zur Reduzierung des Energieverbrauchs wurde die Haustechnik, vor allem im Vergleich zu anderen Museen, deutlich reduziert und sehr energieeffizient gestaltet. „Dies geschieht beispielsweise durch den vollständigen Verzicht einer Klimatisierung“, erläutert Michael Feil. „So können wir zum einen die extrem klimaschädlichen HFKW-Gase umgehen, die in vielen Klimaanlagen verbaut werden. Gleichzeitig ist der Energiebedarf etwa um die Hälfte gegenüber dem Betrieb einer konventionellen Klimaanlage verringert.“ Nachhaltigkeit spiegelt sich aber auch im Einsatz natürlicher, ressourcenschonender Materialien wider. Sei es durch die Verwendung heimischer Hölzer wie europäischem Ahorn und Eichenholz oder dem Bodenbelag aus Nagelfluh aus Oberbayern. Oder durch robuste, langlebige Materialien wie Stein, Holz und Messing.
Darum Berge: Die neue Dauerausstellung
Zur Wiedereröffnung startet die neu konzipierte Dauerausstellung „Darum Berge“. „Seit über 200 Jahren suchen Menschen die Berge aus persönlichen Motiven auf, weil sie von ihnen fasziniert sind“, sagt Friederike Kaiser, DAV-Geschäftsbereichsleiterin Kultur. „Unsere neue Dauerausstellung geht in fünf Kapiteln inklusiv und mit vielen multimedialen sowie Erlebnis- und Mitmachstationen dieser besonderen Beziehung nach.“ Menschen, Bilder und Objekte erzählen in fünf Themenschwerpunkten von Abenteuerlust, Körperempfinden, Leistung, Naturerlebnis und Gemeinschaft, von Kontinuitäten und Brüchen.
Neben der neuen Dauerausstellung ist aktuell auch die Fotoausstellung der Architekturfotografen Markus Lanz und Sebastian Schels (Pk. Odessa Co.) „Alpines Museum. Der Umbau 2021-2024“ zu sehen. Sie gibt Einblicke in die Zeit des Umbaus sowie die Geschichte des Alpinen Museums – von der ersten Besiedlung der Praterinsel über die Gründung des Alpinen Museums bis heute. „Darüber hinaus haben wir uns ein buntes Programm ausgedacht. Bestehend aus Führungen oder Sonderveranstaltungen wie ‚Gezahnt wie der Kiefer eines Alligators‘, in der uns Ingrid Runggaldier auf eine Entdeckungstour in die Dolomiten mit den großen Reisenden des 19. und frühen 20. Jahrhunderts mitnimmt“, erzählt Friederike Kaiser. „Ein Schwerpunkt der Kulturarbeit im DAV ist die Auseinandersetzung und Darstellung aktueller Themen. Das wahrscheinlich aktuellste und dramatischste Thema ist der Klimawandel, der den Alpenraum aus verschiedenen Richtungen massiv treffen und zu großen Veränderungen führen wird. Deshalb eröffnen wir am 4. Juli die Ausstellung „Zukunft Alpen“, die die Auswirkungen der Erwärmung zum Thema hat.“ „Wir sind sehr glücklich, dass wir dank der großen Unterstützung durch den Bund, das Land Bayern, die Stadt München, die Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern sowie dem Münchner Kulturbaufonds nun ein modernes, offenes Zuhause haben, in dem wir unsere Begeisterung für die Berge mit den Menschen teilen können“, freut sich Melanie Grimm.