
Die Einsatzstatistik der Bergwacht Bayern zur Sommersaison 2020 liegt vor | Steigerung der Einsätze im Sommer 2020
Die Einsatzstatistik der Bergwacht Bayern im „Bayerischen Bergjahr“ (1.12. -30. No-vember) liegt vor. Im Detail ausgewertet wurde der Zeitraum der Sommersaison 2020 vom 1. Mai – 31. Oktober 2020.
Starker Zuwachs an Einsätzen im Juli, August und September
Mit 3482 Einsätzen ist in der ablaufenden Sommersaison 2020 ein bis-heriger Spitzenwert erreicht worden
Rund 650 Einsätze mehr wurden gegenüber der Saison 2017 bewältigt. Nach dem Rückgang der Einsätze zur Zeit des Lockdowns erreichten die Einsatzahlen im Juni fast das Niveau des Vorjahres. In den folgenden Sommermonaten waren Zuwächse zwischen 17-23 % gegenüber 2019 zu verzeichnen. Im Einzelnen waren dies im Juli +17%, im August +13 % und im September +27 %. Dagegen ist im Oktober ein Rück-gang von 31 % zu verzeichnen.
Wandern, Bergsteigen, Mountainbiken
Zuwächse an Einsätzen waren insbesondere in den Sportarten Wandern, Bergstei-gen, Mountainbiken und bei den Arbeitsunfällen (Waldarbeiter) zu verzeichnen. Die Einsatzorte verlagerten sich in Teilen von den Hochlagen in die Mittellagen, hier allen voran im Allgäu. Auch im Betätigungsfeld Klettern/Klettersteig sind Zuwachs-raten zu verzeichnen.
Menschen am Berg | Anzahl und Herkunft
Der Zuspruch zu bergsportlichen Aktivitäten war in diesem Sommer auf dem Hin-tergrund der Pandemie wie erwartet sehr groß. Trotz eindeutiger fehlender Erhe-bung für den gesamten Bayerischen Alpenraum und die Mittelgebirge ist davon auszugehen, dass noch mehr Menschen als in den Vorjahren ihre Freizeit im Gebir-ge verbrachten. Ein weiteres Indiz hierfür ist die teilweise massive Überlastung der Parkplätze und Zufahrtsstraßen in den Talorten. Mehr als 50 % der Menschen, wel-che die Hilfe der Bergwacht in den Alpen und bayerischen Mittelgebirgen benöti-gen, kommen aus Bayern. Der weitere Großteil der Personen stammt aus den übri-gen deutschen Bundesländern.
Corona – „Die neue Gefahr“ – auch am Berg und in der Bergrettung
Eine Patientenversorgung erfordert Nähe und Kontakt unter den Einsatzkräften und an erster Stelle Nähe zum Patienten. „Wir müssen die Infektionsgefahr als eine neue Gefahr am Berg anerkennen, ebenso wie Absturz-, Steinschlag- oder Lawinen-gefahr. Unsere Kernaufgabe als Bergwacht ist die Rettung, alle müssen sich auf uns verlassen können“, betont der Vorsitzende der Bergwacht Bayern, Otto Möslang. Die Ansteckungsgefahr hängt von vielen Faktoren ab. Bisher gab es unter den 3500 Einsatzkräften nur sehr wenige Infektionsfälle. „Mein Dank gilt daher unseren Füh-rungs- und Einsatzkräften, die sich Ihrer Verantwortung und Rolle sehr bewusst sind und trotz der schwierigen Bedingungen die vielen Einsätze souverän bewältigen“, so Möslang weiter.
Schutz für Patienten und Retter
Dank an das BRK und den Freistaat Bayern
“Die Beschaffung der zusätzlich notwendigen Schutzausrüstung gelang mit der Un-terstützung durch das Bayerische Rote Kreuz und den Freistaat Bayern“, wofür sich Thomas Lobensteiner, Leiter des Krisenstabes der Bergwacht und stellvertretender Vorsitzender bedankt. „Allerdings wird uns dieses Thema auch weiterhin beschäfti-gen. Im Winter kommt zum Infektionsschutz der zwingende Wärmeerhalt der Pati-enten dazu. Wir verwenden spezielle Einmaldecken, die so groß geschnitten sind, dass der Patient wie in einen Schlafsack eingewickelt werden kann. Damit wird die Kontaminierung der eingesetzten Rettungsmittel wie Bergesack, Akja und Rettungs-fahrzeug vermieden. Mehrkosten, die die Bergwacht selbst finanzieren muss. Doch sehr gut angelegtes Geld, um Retter und Patienten zu schützen“, stellt Lobensteiner weiter fest.
Ausblick Wintersaison 2020/ 2021
Noch ist vieles offen: Können die Bergbahnen den Betrieb wieder aufnehmen, wird es eine Gastronomie am Berg geben? Die Bergwacht muss sich in jedem Fall vorbe-reiten. Bei der Entwicklung der Schutzkonzepte arbeitet die Bergwacht eng mit dem Gesundheitsamt in Garmisch-Partenkirchen zusammen. Hier ist die Kompetenz für den alpinen Raum groß und Fragen sowie Anliegen der Bergwacht treffen dort auf kompetente Ansprechpartner. Die Dynamik wird bleiben. Passt die Schneelage, ist in jedem Fall mit einem regen Betrieb in den Bayerischen Bergen zu rechnen. Dies gilt auch, wenn Liftanlagen ggf. nicht in Betrieb gehen können. Die Häufigkeit von Unfällen im freien Gelände, z.B. bei Skitouren, ist wesentlich dabei geringer, im Spe-ziellen bei der Abfahrt. Während der Tagesskifahrer dutzende Male eine Abfahrt nimmt, ist der Tourenfahrer nur einmal auf der Abfahrt unterwegs. Andererseits sind Einsätze außerhalb des gesicherten Skiraumes in der Regel auch aufwändiger.
Keine Bewegung, kein Sport ohne Risiko
Bei der weitaus überwiegenden Zahl der Einsätze handelt es sich um „Sportverlet-zungen“ oder internistische Notfälle am Berg. Einzelne Einsätze erscheinen im Nachgang als vermeidbar. Dennoch bleibt für die Bergwacht die subjektive Not des Einzelnen der Ausgangspunkt für ihr Handeln und nicht die Frage nach Ursache und vermeintlichen Fehlern.
Draußen unterwegs zu sein, Bergsport zu betreiben, die Natur zu genießen, bleibt auch auf dem Hintergrund der Einsatz- und Unfallzahlen gesund und wünschens-wert. Auch gerade deswegen, weil die Berge einen Erfahrungsraum eröffnen, in dem wir uns weitgehend frei bewegen können – mit Respekt gegenüber der Natur und mit Rücksicht und Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen.