Eine kindgerechte, sichere Infrastruktur schaffen

Quelle/Source [´www.puky.de | pd-f´]
Um für mehr Sicherheit im Straßenverkehr für Kinder und ältere Menschen zu werben, finden Ende September deutschlandweit Fahrraddemonstrationen statt. Die sogenannte „Kidical Mass“ möchte darauf aufmerksam machen, bei Planung der Infrastruktur auch an die zu denken, die selbst keine politische Stimme haben. Wie sieht die aktuelle Lage aus und welche Forderungen werden gestellt? Der pressedienst-fahrrad fasst wichtige Infos rund um die Kindermobilität zusamme

Wo dürfen Kinder aktuell Fahrrad fahren?

Die Regelung für Kinder scheint eigentlich einfach. Bis zum achten Lebensjahr müssen sie auf dem Gehweg fahren. Ein Elternteil oder eine Person über 16 Jahren darf begleitend mitfahren. Querende Straßen dürfen nur schiebend überquert werden. Zwischen acht und zehn Jahren ist es Kindern erlaubt, auf dem Gehweg fahren, aber auch die Fahrbahn zu benutzen. Ab elf Jahren ist das Fahren auf der Fahrbahn verpflichtend. Diese Regelung gilt im Übrigen auch für das Fahren in einer Fahrradstraße. Dort müssen Kinder ebenfalls offiziell den Gehweg nutzen, obwohl der Radverkehr Vorrang genießt. Aber es gibt auch Ausnahmen von der Regel: „Kinder dürfen auf baulich abgetrennten Radwegen fahren. Es ist wichtig, dass der Radweg baulich getrennt ist, z. B. durch einen Bordstein. Auf die Fahrbahn gemalte Schutz- und Radfahrstreifen dürfen Kinder nicht benutzen“, erklärt Guido Meitler vom Kinderfahrzeughersteller Puky.

Was ist das Problem?

Infrastruktur wird meist von erwachsenen Personen gedacht und die Kinderperspektive bei der Planung nicht berücksichtigt. „Erwachsene schätzen viele Situationen komplett anders ein als Kinder. Gerade Fahranfänger:innen reagieren in vielen Situationen anders, als man es erwartet. Sie brauchen deshalb eine Infrastruktur, die Fehler verzeiht“, sagt Svenja Kohnke, verantwortlich für die Kinderfahrradmarke Early Rider beim Online-Händler Bike Components. Speziell Straßen vor Schulen und Kindergärten enthalten immer mehr Gefahrenpunkte: Sogenannte Elterntaxis blockieren Gehwege und Fahrbahnen gleichermaßen. Auch an Kreuzungen und Querungen gibt es diverse Konfliktpunkte. „Ein Kind kann beispielsweise nicht über ein am Fahrbahnrand stehendes Auto schauen, sondern muss sich erst weit auf die Fahrbahn wagen, um einen freien Blick zu bekommen. Bereits diese Zentimeter können ausreichen, um eine gefährliche Situation heraufzubeschwören“, weiß Meitler. Auch werden Kinder in solchen Situationen von anderen Verkehrsteilnehmenden schlechter wahrgenommen.

Was wird gefordert?

Die Kidical Mass fordert eine kindgerechte Fahrradinfrastruktur. Kinder und auch ältere Menschen sollen sicher mit dem Fahrrad von A nach B kommen. Aktuell gewährt die Verkehrspolitik in Deutschland dem Auto Vorrang. Das solle sich jedoch in Zukunft ändern und die ungeschützten Verkehrsteilnehmer:innen per Verkehrsrecht Vorfahrt im Straßenverkehr bekommen. Die Initiatoren sehen darin einen wesentlichen Faktor für das Gelingen der Verkehrswende.

Wer kann etwas ändern?

In erster Linie ist der Bund gefordert. Der Ruf nach einer Reform des Straßenverkehrsrechts wird zunehmend lauter. Dadurch soll es Kommunen erleichtert werden, Tempo 30 flächendeckend umzusetzen und breite, baulich getrennte Radwege einzurichten. Das erhöhe die Sicherheit gerade für junge Verkehrsteilnehmer:innen. Dazu kann das Einrichten von Flächen zum Spielen im Verkehrsraum erleichtert werden. „Wenn anstelle von Autoparkplätzen Spielplätze entstehen, werden Städte wieder lebenswerter und es werden mehr Freiräume für Kinder geschaffen“, so Kohnke. Auf Länderebene kann zudem ein Ausbau des Schulradwegenetzes erfolgen und Kommunen können finanziell bei der Umsetzung einer kinderfreundlichen Infrastruktur unterstützt werden. Die Kommunen wiederum werden aufgefordert, die Handlungsspielräume der bislang geltenden Rechtslage auch auszuschöpfen, z. B. indem kindersicherere Kreuzungen und Querungen geschaffen werden, wenn an den Ecken Fahrradparkanlagen anstelle von Autos stehen. Temporäre Spielstraßen oder gar temporäre Durchfahrtverbote vor Schulen und Kitas würden die Sicherheit der kleinen Verkehrsteilnehmer:innen an diesen neuralgischen Punkten deutlich erhöhen.

Kann ich selbst etwas tun?

Na klar. Wir alle können unser persönliches Verhalten überdenken und etwa Kindern im Straßenverkehr mit Respekt begegnen und sie unterstützen. Das beginnt bereits mit kleinen Maßnahmen, wie beispielsweise nicht den Gehweg zuparken oder mit hoher Geschwindigkeit an Kindern vorbeifahren. Wir sollten möglichst immer Blickkontakt mit Kindern herstellen und mit Fehlern rechnen – das gilt übrigens auch für Radfahrende. Auch Kleinigkeiten können eine große Wirkung entfalten, etwa, wenn man seine Mülltonnen nicht mitten auf den Gehweg stellt, sondern Platz für radfahrende Kinder einkalkuliert.