
Gaukelei: Danse Macabre – der Kaltenberger Totentanz„In jeder wahrhaft großen Stunde … hab‘ ich dich angerührt.“ Diese gewaltigen Worte lässt Hugo von Hoffmannsthal den Tod in seinem Werk „Der Tor und der Tod“ sprechen.
Inspiriert ist das Werk vom sogenannten Lübecker Totentanz, einer kirchlichen Bilderreihe aus dem Mittelalter, die damals inhaltlich für Furore gesorgt haben dürfte. Sie zeigt, wie der Tod ständeübergreifend wirkt. Er „holt“ sich Kaiser und Kaiserin, Edelmänner und -frauen, Handwerker und Küster, und am Ende sogar den Papst. Eine machtvolle Botschaft: Gegenüber dem Tod sind alle Menschen gleich. Von da ist es nicht mehr weit bis zu der Frage: Warum sind sie es im Leben so oft nicht? Ein Spektakel, das emotional berührtFür die Künstlerin Lidia Buonfino war der Lübecker Totentanz und sein inhaltliches Nachwirken über die Jahrhunderte wie im Text von Hoffmannsthal die passende Grundlage für eine neue spektakuläre Eigenproduktion für das Kaltenberger Ritterturnier. „Wir wollten etwas schaffen, das eine Emotionalität abdeckt, die es so auf dem Turnier noch nicht gab“, sagt Buonfino. „Etwas poetisches, lyrisches, dunkles.“ Gemeinsam mit Lova Rimini, Meike Münch und Giulia Sophia Young inszenierte sie 2023 erstmals den Kaltenberger Totentanz. Eine morbide, wie glamouröse Performance, die unter die Haut ging.
Das Leben feiern
In diesem Jahr ist das Spektakel noch opulenter und größer geraten und wird sogar in der Arena vor Beginn der Turniershow zu sehen sein. Allein die Tatsache, dass der Tod beim Kaltenberger Totentanz eine Frau ist, lässt bereits aufhorchen. Und im Laufe der anrührenden wie eindringlichen Performance wird etwas anderes ebenfalls immer klarer: Es geht beim Kaltenberger Totentanz weniger ums Sterben als vielmehr ums Leben. Oder wie es Hugo von Hoffmannsthal in einem seiner Verse ausdrückt, der ebenfalls Teil der Performance ist: „Du Tor! Du schlimmer Tor, ich will dich lehren, das Leben, eh du’s endest, einmal ehren.“ Der Tod als Schlüsselmoment, um die Großartigkeit des Lebens zu begreifen.
Was wäre ein Fest ohne Musik? Vom ersten Turnierwochenende an versammeln sich auf Schloss Kaltenberg insbesondere auf der Rabenbühne die angesagtesten Gruppen der Mittelalter-Musikszene. Den Auftakt machen zur legendären Gauklernacht (Fr, 12.7.) Corvus Corax und Irdorath. Zu Corvus Corax – Mutter und Vater aller deutschen Mittelalterbands – gehen einem so langsam die Superlative aus. Unglaublich, mit welcher Spielfreude die Band das Publikum auch nach Jahrzehnten noch immer in ihren Bann zieht und zum Singen und Tanzen bringt. Irdorath hat dagegen der aktuelle Weltenlauf nach Kaltenberg verschlagen. Die Pagan Folk-Band aus Weißrussland feierte vor allem in Osteuropa Erfolge, sie waren aber auch schon auf dem Wacken Open Air zu hören. 2023 verließ die Band aufgrund von politischer Verfolgung und dem Verbüßen einer Haftstraße ihre Heimat. Das Publikum darf sich auf einen kraftvollen Auftritt der Weißrussen freuen, der die Freiheit und das Leben feiert
Jedes Wochenende ein MusikhighlightAm zweiten Kaltenberg-Wochenende (19.-21.7.) wird die Rabenbühne dann zum zweiten zuhause von Daridel und Koenix. Die jungen Schweizer Koenix haben sich mit ihrer Instrumentenvielfalt und den tanzbaren eingängigen Songs über die Jahre immer stärker ins Rampenlicht gespielt. Wie international die Mittelalterszene mittlerweile geworden ist, zeigt sich auch an Daridel. Die Gruppe stammt aus Norditalien und begeistert mit seinen von der Natur inspirierten Songs, in Teilen selbstgebauten Instrumenten und den oftmals ekstatischen Improvisationen.