Bergwacht Bayern – Einsatzaufkommen der Bergwacht Bayern 2022/2023

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Schneelage: Die Bedingungen für den Wintersport in der vergangenen Saison können mit Blick auf die ge-ringen Schneehöhen im Gesamten als mäßig bezeichnet werden. Insbesondere in den niede-ren und mittleren Lagen war Wintersport, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt möglich. Der Jahreswechsel brachte sogar positive Rekordtemperaturen im zweistelligen Bereich im Alpenvorland.

Einsatzgeschehen der Bergwacht Bayern – Zahlen im Detail – s. gesonderte Info.
Insgesamt wurden 4090 Einsätze in der Zeit vom 1. Dezember 2022 bis 30. April 2023 von den ehrenamtlichen Einsatzkräften von Oberstdorf bis Berchtesgaden, über den bayerischen Wald bis hinauf in die Rhön, bewältigt. Im Vergleich zur Spitzenzahl im Vorwinter 2021/2022 mit 5819 Einsätzen, ist ein deutlicher Rückgang der Einsatzzahlen bei den klassi-schen Wintersportarten Skifahren, Rodeln und Skitouren zu verzeichnen. Ein ggf. vermute-ter Anstieg der Unfälle beim Wandern und Bergsteigen, auf Grund der fehlenden Schnee-lage, hat nicht stattgefunden. Die Gesamtzahl von 383 Einsätzen beim Wandern und Berg-steigen liegt unterhalb des Durchschnittswertes der Vorjahre mit 435 Einsätzen.

„Mit Blick auf die eingeschränkten Wintersportbedingungen ist der zahlenmäßige Rückgang der Einsatzzahlen plausibel und natürlich positiv zu bewerten“, resümiert Thomas Lobenstei-ner, Landesvorsitzender der Bergwacht Bayern.

Verletzungen beim Pistenskifahren / Skitouren gehen
Bei beiden Formen des Skisportes sind Verletzungen am Knie am häufigsten anzutreffen. Beim Pistenskilauf sind es 39 %, auf Skitour 36 % der Einsätze, bei welchen eine Verletzung des Knies ausschlagend für den Rettungseinsatz waren. Dahinter folgen vermehrt Schulter- verletzungen und Verletzungen am Unterschenkel.

Insgesamt achtmal wurden Bergwacht Bereitschaften unter dem Stichwort „Lawine“ alarmiert. Bei zwei Ereignissen mit Personenbeteiligung waren Rettungsmaßnahmen notwendig.
Im Bereich Rotwand/Spitzinggebiet verunfallte ein Skitourengeher in einer selbstausgelösten Lawine. Er blieb unverschüttet, verletzte sich aber mehrfach. Weitgehend unverletzt blieben die drei Beteiligten eines Lawinenabgangs an der Zugspitze im Bereich des Überganges nach
Ehrwald. Im Rahmen der Kameradenrettung konnten sich die drei jungen Männer bereits vor dem Eintreffen der Bergwacht aus der Lawine befreien. Ein Lawinenunfall mit Todesfolge ist für den vergangenen Winter erfreulicherweise nicht zu verzeichnen.

Sommersaison 2023
Die meisten Einsätze im Sommer mussten in den Jahren 2020 mit 3631 Einsätzen und 2022 mit 3859 Einsätzen bewältigt werden. Bereits 2022 kam es zu einer „Normalisierung“. Mit 3225 Einsätzen war der vergangene Sommer in etwa vergleichbar zu den Jahren 2018 und 2019. Wesentlich entscheidender Faktor für das Einsatzaufkommen ist auch im Sommer das Wettergeschehen. Dauerhafter Niederschlag und ein früher Schneefall in der Höhe schränk-ten die Möglichkeiten für Aktivitäten im Spätsommer 2022 stark ein. Thomas Lobensteiner sieht keine Anzeichen für einen wesentlichen Rückgang der Einsätze für den Sommer 2023. „Nach wie vor besteht eine hohe Frequentierung des bayerischen Alpenraumes und der Mit-telgebirge. Auch der verstärkte Trend zum Urlaub im Süden Deutschlands setzt sich wohl weiter fort.“

Sommer im Tal – Winter am Berg
Sowohl im Herbst 2022 als auch im Frühjahr 2023 kam es wiederholt zu Evakuierungseinsät-zen, bei denen Personen die winterlichen Verhältnisse in der Höhe in ihrer gesamten Tou-renplanung nicht berücksichtigten. Sie blieben im Schnee stecken, waren nicht in der Lage frühzeitig umzudrehen oder waren nicht mit entsprechend notwendiger Ausrüstung ausge-stattet. Nach wie vor bestehen gegenwärtig Gefahren durch Schneerutsche oder beim Que-ren von Altschneefeldern in der Höhe. Anfang Juni riss zuletzt ein Schneerutsch im Gipfelbe-reich der Zugspitze einen Bergsteiger in die Tiefe.

„In Bergnot, aber (noch) nicht verletzt“
„Nach wie vor gilt – lieber rechtzeitig als zu spät.“ „Rechtzeitig“ – meint umzukehren, wenn die Kondition nicht ausreichend ist, die Wegfindung unsicher ist oder subjektiv die Gefahren zu groß werden, bzw. den Notruf rechtzeitig abzusetzen bevor schwerwiegende Folgen ein-treten. Niemand ist gefeit davor am Berg in eine Notlage zu geraten – “Manchmal hat man schon auch den Eindruck, die Option einer Bergrettung ist eine kalkulierte Kraftreserve alpi-ner Selbstverwirklichung – Rettung als doppelter Boden einer alpinen Unternehmung“, so Klaus Burger, Einsatzleiter und Regionalleiter der Bergwacht Chiemgau, zum Thema zuletzt im Interview.

Die Kosten für Einsätze aus Bergnot, ohne dass eine notfallmedizinische Versorgung notwen-dig wurde, müssen die Verursacher selbst übernehmen bzw. werden bei Vorhandensein von Zusatzversicherungen ggf. entsprechend getragen.

Aufwand und Kosten der Bergrettung in Bayern – „professionelle Rettung im ehrenamtli-chen Team“
Die Sicherstellung der Rettung ist Teil der Daseinsvorsorge in unserem Land. Dies gilt für die Stadt, für das Land und ebenso für das Gebirge. Regelmäßig steht die Kostenfrage im Mittel-punkt des öffentlichen Interesses. Klaus Schädler, Geschäftsführer der Bergwacht Bayern stellt hierzu klar: „Die Bergwacht übernimmt die Verantwortung, ohne ein kommerzielles Interesse zu haben – dies ist keine Selbstverständlichkeit!“ Der Aufwand für die Sicherstel-lung und Leistungsfähigkeit entsteht im Wesentlichen in der Vorhaltung der Infrastruktur mit Rettungswachen, Ausrüstung und die Ausbildung der ehrenamtlich Engagierten. Nicht nur der einzelne Einsatz steigert gegenwärtig den Finanzbedarf der Bergwacht Bayern. „Der Mehrbedarf entsteht durch die allgemeinen Kostensteigerungen der vergangenen Jahre, gesetzliche Vorgaben für Unternehmen, die auch vor ehrenamtlich geprägten Strukturen nicht halt machen und dem Aufwand für Aus- und Fortbildungen, um den steigenden An-sprüchen in der Versorgungsqualität gerecht zu werden. Gleichzeitig müssen wir unsere hauptamtlichen Strukturen weiterentwickeln, so dass die ehrenamtliche Leistungsfähigkeit der Bergwacht flächendeckend in Bayern gesichert bleibt“, so Schädler weiter.

„Ohne Ehrenamt im Einsatz wären die finanziell notwendigen Aufwendungen für Rettungs-maßnahmen um ein Vielfaches höher“, stellt Thomas Lobensteiner klar. Die Bergwacht Bay-ern ist derzeit in Gesprächen mit den Sozialversicherungsträgern. Ziel ist es, die Bergwacht finanziell so auszustatten, dass eine Kostendeckung der Vorhaltung und der Einsätze ge-währleistet ist. Zudem müssen die hauptamtlichen Strukturen gestärkt werden, um das Eh-renamt leistungsfähig unterstützen zu können.